Herbstfärbung der Blätter
In diesem Jahr beginnt die herbstliche Laubverfärbung ungewöhnlich früh. So erscheint es mir jedenfalls, und die Farben leuchten auch intensiver als in anderen Jahren.
Dabei war der Sommer weder außergewöhnlich heiß noch trocken. Am Wetter kann es eigentlich nicht gelegen haben.
Die Spätsommer-Sonne schien noch, als die ersten Amberbäume (Liquidambar styraciflua) in flammendem Rot erglühten. Aus der Ferne wirkten sie wie brennende Fackeln.
„Autumn leaves of red and gold“
Das sang Nat King Cole (1919-1965) über die Farben des „Indian Summer“. In Mitteleuropäischen Wäldern sucht man diese Farben vergeblich. Wenn sich hier das Laub von Bäumen oder Sträuchern intensiv rot verfärbt, dann meist von aus Nordamerika oder Asien eingeführten Arten. Man findet sie in Parkanlagen und Gärten. Speziell der nordamerikanische Amberbaum wird immer häufiger in Städten gepflanzt.
Obwohl heute zugereist, war er einst in Europa einheimisch. Das war vor rund 30 Millionen Jahren im Erdzeitalter des Tertiärs, dem die Eiszeiten ein Ende setzten.
Eiszeiten löschten die europäischen Vorkommen des Amberbaums aus
Die Eisdecken begruben die reichhaltige Tertiärflora unter sich, und das führte zu der bis heute spürbaren floristischen Verarmung Mitteleuropas.
Nur Fossilien belegen noch, wie verbreitet die Gattung Liquidambar während des Tertiärs in Europa einmal war. Von Fossilien aus dem Braunkohle-Tagebau Garzweiler sind gleich mehrere Arten, darunter L. lievenii und L. europaea, bekannt.
Von den einst weltumspannenden geschlossenen Arealen der Gattung Liquidambar im Tertiär sind seit den Eiszeiten nur weit voneinander entfernte (sogenannte disjunkte) Rest-Areale zurückgeblieben. Der Asiatische Amberbaum (L. formosana) wächst in den Wäldern Guangdongs in China, und der Amerikanische Amber-, oder Seesternbaum (L. styraciflua) in den Wälder Nordamerikas.
Dazwischen liegend kann der Orientalische Amberbaum (L. orientalis) nur winzige Vorkommen auf Rhodos und an der türkischen Küste behaupten.
Die optische Attraktion des flammenden Rots passt gar nicht so recht zu der melancholischen Stimmung von „Autumn leaves“. Die erfaßt Europa meist erst im Spätherbst, wenn es tatsächlich nass und kalt wird, und wenn die Blätter des Großteils der einheimischen Bäume fallen.
Da stehen die Amberbäume längst kahl da.
Wozu verfärben sich die Blätter bunt, bevor sie fallen?
Mit der herbstlichen Laub-Verfärbung holt sich der Baum Reservestoffe zurück, die sonst mit dem Abwurf der Blätter verloren gingen. Der Abbau des grünen Chlorophylls macht die sonst verdeckten gelben Farbstoffe (Carotinoide und Xanthophylle) sichtbar. Die Blätter der meisten Bäume verfärben sich gelb, bevor sie schließlich trocken und braun vom Baum fallen.
Die intensive Rotfärbung des Amberbaums entsteht durch Anthozyane, die eigens für diese kurze Zeitspanne synthetisiert werden. Der Aufwand wird offenbar zum Schutz vor UV-Strahlung für Stoffwechsel-Prozesse betrieben, die auch in den sich zurückentwickelnden Blättern weiter ablaufen.
„Les Feuilles mortes“ werden zu „Autumn leaves“
Der aus Ungarn stammende Joseph Kosma (1905-69) komponierte die Musik von „Autumn leaves“, während er 1945 in Frankreich lebte. Jacques Prévertin schrieb den französischen Text für „Les Feuilles mortes“. Doch erst Nat King Cole machte die englischen Lyrics zu „Autumn leaves“ weltbekannt. Der begnadete Texter Johnny Mercer schrieb sie im Jahre 1950.





